Braunschweiger Zeitung vom 21.07.2016, Leserbriefseite, Titel: "Volksentscheiden sollten Grenzen gesetzt sein"
Die Delegierten beim Parteitag in Cleveland haben Donald Trump erwartungsgemäß mit großer Mehrheit zum Präsidentschaftskandidaten der Republikaner gekürt. Donald Trump hat unter Einsatz von Hass, Furcht, Verachtung, Lügen, Drohungen, Beschimpfungen und Verleumdungen sein Ziel erreicht. Der Appell an die niedersten Instinkte im Menschen ist überaus erfolgreich gewesen. Der Waffenbesitz in privater Hand scheint für die Bevölkerung der USA wichtiger zu sein als der Schutz der Menschenwürde. Sollte Trump Präsident werden, ist er einerseits nur vom amerikanischen Volke gewählt worden, aber andererseits wird die ganze Welt diesem unberechenbaren Charakter, Herr über eine unbekannte Anzahl von Atomsprengkörpern und Atomwaffenträgern, ausgeliefert sein .Es wird sich dann zeigen, ob Deutschlands Mitgliedschaft in der NATO unserer Nation zum Segen oder zum Fluch gereichen wird.Was können wir für unsere Demokratie daraus lernen? Appelle an die Massen sind immer Appelle an die Emotionen. Verantwortungsbewusstsein, Vernunft und Verstand werden ausgeschaltet. Köpfe werden eingenebelt, um sie dem Aufpeitscher gefügig und manipulierbar zu machen. Das macht deutlich, dass das plebiszitäre Element in einer Demokratie Grenzen haben sollte. Eine Demokratie, die auf sich hält, sollte feste Regeln für den Umgang der Kandidaten miteinander einführen, bei deren Missachtung ein Kandidat erst die gelbe und später die rote Karte erhält und aus dem Wahlkampf ausscheiden muss. Die „Freiheit des Mundwerks“ ist eine schöne Sache, aber nicht mehr, wenn dabei die Demokratie und die Achtung der Menschen voreinander zerbricht. Das wichtigste Element in der kultivierten politischen Debatte in einer Demokratie sind Respekt vor dem Gegner und Besonnenheit im mündlichen Ausdruck. Leider liegt das Zeitalter der Ritterlichkeit schon ein paar Jahrhunderte zurück.
Otfried Schrot, Ronnenberg