Was am G20 – Gipfel nicht in Ordnung war
Der Leserbriefschreiber bezweifelt, dass seine Aufzählung erschöpfend sein wird, da er bei der Großveranstaltung in Hamburg nicht zugegen war, sondern sie mit der Hilfe der Medien aus der Ferne beobachtet hat. Fangen wir einmal an:
Erstens:
Das wichtigste Thema des Zeitalters, die Abschaffung des Krieges, hat die Kanzlerin gar nicht erst in die Agenda ihres Gipfels aufgenommen, obwohl die Regierungen der Welt schon 1945 in der Präambel zur Charta der Vereinten Nationen ihre feste Entschlossenheit bekundet haben, künftige Generationen vor der Geißel des Kriegs zu bewahren, und obwohl die größten Waffenproduzenten und die größten Waffenexporteure der Welt alle auf dem G20 – Gipfel vertreten waren. Inzwischen sind schon wieder einige Generationen auf den Kriegsschauplätzen der Welt „verheizt“ worden, ohne dass das Versprechen in Erfüllung gegangen ist. Es hätte der christlichsten Kanzlerin aller Zeiten gut angestanden, in Anbetracht von 900 Millionen Hungernden und 60 Millionen Flüchtlingen das Thema „Abschaffung des Krieges“ auf die Tagesordnung zu setzen, statt dieses Thema auf Dauer der Linken zu überlassen und diese damit zur Verteidigerin christlicher Werte zu machen.
Zweitens:
Die Frage nach dem Verhältnis zwischen dem Aufwand für diese Konferenz und dem Ertrag dieses Treffens drängt sich ganz nach vorn. Ganze zwei Konferenztage sind auf jeden Fall zu kurz, um Kompromisslinien zwischen gegensätzlichen politischen Meinungen auszuloten und daraus einen politischen Fortschritt zu machen. Das Konferenzergebnis war jämmerlich. Es hätte auch mit einer VIDEO – Konferenz zum Nulltarif ausgehandelt werden können. Es bleibt abzuwarten, ob der zwischen Putin und Trump ausgehandelte Waffenstillstand für Teile Syriens nicht mit dem nächsten Tweet Trumps wieder zunichte gemacht wird.
Drittens:
das Mitbestimmungsbedürfnis der Menschheit an den großen politischen Entscheidungen „derer da oben“ ist vollkommen unzulänglich organisiert. Den „anständigen Demonstranten“ muss die Gelegenheit gegeben werden, ihre Anliegen den Tagungsteilnehmern mitzuteilen, und die „unanständigen Demonstranten“ müssen mit wesentlich effizienteren Mitteln vom Tagungsort ferngehalten werden als das in Hamburg der Fall war.
Viertens:
Hamburg, der Ort des Gipfels, Geburtsort der Bundeskanzlerin, war als Schauplatz der Veranstaltung vollkommen ungeeignet. Konferenzen dieser Art sollten an einsamen, leicht zu sichernden und zugleich schwer zugänglichen Plätzen durchgeführt werden. Sollte die Kanzlerin die Absicht gehabt haben, mit dieser Konferenz ihre Geburtsstadt als Touristenattraktion aufzuwerten oder das Konferenzergebnis als persönliche Punktesammlung für die bevorstehende Bundestagswahl zu verwerten, so dürfte das Vorhaben gründlich gescheitert sein.
Fünftens:
Konferenzen dieses Kalibers benötigen einen Moderator mit mehr Autorität, die sich aus mehr Macht ergibt als sie die Bundeskanzlerin hat, um ein Konferenzergebnis durchzusetzen, das man als Erfolg bezeichnen kann. Die Bundeskanzlerin, irrtümlich öfter als mächtigste Frau Europas oder gar mächtigste Frau der Welt bezeichnet, war als Koordinatorin der selbstherrlichen Dickköpfe aus den USA, Russland und China nicht mächtig genug.
Sechstens:
ein internationaler Vertrag über den Freihandel hat nur dann einen Wert, wenn sichergestellt ist, dass die Bedürfnisse von Arbeitnehmern und Verbrauchern dabei nicht „unter den Tisch fallen“.
Siebtens:
die Völkergemeinschaft sollte sich einmal darüber klar werden, ob sie sich weiterhin damit abfinden will, dass internationale Verträge von den Rechtsnachfolgern der Unterzeichner einfach aufgekündigt werden dürfen oder eher bestraft werden sollten. Wenn die Völkergemeinschaft sich weiterhin damit abfinden will, dass Vertragsbrecher unbestraft bleiben wie Donald Trump, dann kann sie ganz auf internationale Verträge verzichten.
Achtens und „summa summarum“:
der G20 – Gipfel hat deutlich gemacht, dass die Mächtigen der Welt meilenweit an den Bedürfnissen der Menschheit vorbei regieren! Otfried Schrot